Wieso bleibt nur Gandalf seiner Aufgabe treu?

Alles rund um die Person J.R.R. Tolkien, Biographie des Autors, Inhaltliches zu Tolkiens Werken, Fragen zu Mittelerde, deutsche Übersetzungen (Carroux, Krege, Scherf & Co.)

Wieso bleibt nur Gandalf seiner Aufgabe treu?

Beitragvon Eol » Do, 29 Jan 2004, 23:53

Hat jemand eine Idee, wieso von den Maiar, die gegen Sauron ausgesendet werden, nur Gandalf = Olorin seiner Aufgabe treu bleibt? Ich meine, das ist doch komisch: Das sind doch alles mächtige Geister, die von den Valar klare Anweisungen gekriegt haben :!:
Und die wissen auch immer, dass die mächtigen Herren im Westen irgendwie zuschauen. Da sollten sie doch etwas motivierter sein, nicht so wie Radagast, Alatar, Pallando . . . von Saruman ganz zu schweigen.
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Beitragvon Ciriel » Fr, 30 Jan 2004, 7:50

Sie hatten zwar ihre "Aufgabe" bekommen (sogar mit "Auflagen", da sie ihre wahre Macht ja nicht zeigendurften und in der Gestalt alter Männer durch Mittelerde wanderten), die sie erfüllen sollten, aber ich meine mich zu erinnern, daß sie immer noch einen freien Willen hatten und nicht gezwungen werden konnten, ihre Aufgabe anzugehen. Vor allem scheint es mir, als hätten die Valar sie zwar ausgesandt, in gewisser Weise aber später ihr Interesse verloren, da sie nichts unternahmen, um z. B. Saruman zu "maßregeln". Wahrscheinlich gab es so etws wie "Wenn du deine Aufgabe nicht wenigstens ernstnimmst, dann gibt es ken Zurück!", aber speziell Saruman schent das nicht gekümmert zu haben. Er wurde von seinen menschlichen Schwächen verführt und hatte es satt, immer nur die "Spielpuppe" anderer zu sein - also nahm er das (wie er meinte) selbst in die Hand. Und weil er sich täuschte, wurde ihm dann spüäter als Strafe der Weg nach hause verwehrt. Bei den anderen drei scheint es anders gwewesen zu sein. Von den beiden Blauen hört man ja nichts mehr. Aber Radagast tat ja auch nicht viel. Aber immerhin wandte er sich nicht der sauronschen Seite zu. Für ihn hatte die Natur sehr viel mehr Bedeutung. Er glaubte ja auch noch Saruman und brachte Gandalf die Nachricht. Wahrscheinlich war diese Art des "Arbeitsverweigerns" nicht schlimm genug, um ihn nicht nach Hause zu lassen. Ein Verräter war er ja trotz allem nicht.
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Beitragvon Eol » Mo, 02 Feb 2004, 15:51

Das klingt plausibel. Besonders bei Saruman kann ich mir schon vorstellen, dass er sein eigener Herr sein wollte und keine Lust mehr hatte, die Aufträge anderer auszuführen. Dies scheint ja in etwa auch die "Ursünde" Melkors gewesen zu sein. Und Saruman hatte sicher auch Grund zu glauben, dass sich die Valar nicht groß um Mittelerde kümmern würden.
Trotzdem, die Sache ist irgendwie merkwürdig, so als würden wir vor unserer Geburt vom lieben Gott persönlich (oder seinen autorisierten Erzengeln) gesagt kriegen, was Sache ist, nur um dann TROTZDEM unser Leben in Gleichgültigkeit oder Egoismus zu verbringen. Das würden wir dann schon aus Furcht sicher nicht tun, aber wir sind eben auch nicht in dieser Situation: Wir wissen nicht, woher wir kommen, was unsere Aufgabe ist, und was uns erwartet.
Deshalb habe ich eigentlich immer vermutet, dass den Maiar bei ihrer Inkorporierung viel verloren ging, vielleicht auch viele Erinnerungen. Vielleicht haben die Istari nur eine verschwommene Ahnung ihrer Herkunft und Aufgabe. Aber dafür gibt's vermutlich keine Belege im Text, oder?
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Beitragvon Mellon » Di, 17 Feb 2004, 12:12

Eol hat geschrieben:Deshalb habe ich eigentlich immer vermutet, dass den Maiar bei ihrer Inkorporierung viel verloren ging, vielleicht auch viele Erinnerungen. Vielleicht haben die Istari nur eine verschwommene Ahnung ihrer Herkunft und Aufgabe. Aber dafür gibt's vermutlich keine Belege im Text, oder?


Vielleicht die Worte, die Gandlaf zu Aragorn, Legolas und Gimli bei ihrem Wiedersehen im Wald von Fangorn sprach:
"Ich bin durch Feuer und tiefes Wasser gegangen, seit wir uns getrennt haben. Vieles habe ich vergessen, wovon ich glaubte, daß ich es wisse, und wiederum viel erfahren, das ich vergessen hatte."
(3. Buch, 5. Kapitel: Der Weiße Reiter)

Da gibt Ganalf selbst zu, daß er viel vergessen hatte.
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Beitragvon Eol » Mi, 25 Feb 2004, 18:58

Ja, sehr gut, das ist wirklich ein Hinweis. Gandalf ist nach seiner Rückkehr stark verändert, wohl weil er zum ersten Mal seit Äonen wieder unmittelbaren Kontakt mit den Valar hatte und nun viel mehr von dem Bewusstsein seiner Herkunft und Aufgabe durchdrungen ist. Aus einem oft zögerlichen und unsicheren Zauberer ist ein echter Abgesandter Valinors geworden. Er scheint danach auch weniger menschlich, "entrückter" zu sein.

Es scheint also, dass mit ihrer Inkorporierung die Maiar auch alle Schwächen und Hinfälligkeiten normaler körperlicher Wesen übernehmen und Mittelerde dann im Laufe der Jahrhunderte in sie "einsickert". Das äußert sich in verblassenden Erinnerungen, Korrumpierbarkeit usw., so dass die Istari gegenüber ihrem Ankunftszustand in Mittelerde ziemlich abbauen. Gandalf kriegt dann eine ordentliche Auffrischung. :D
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Beitragvon Aldebaran » Mi, 25 Feb 2004, 22:14

Sowas wie eine Transfusion? ;)

Klingt schon logisch, so wie du es schreibst.
Gandalf scheint mir, bevor er "wiedergeboren" (oder wie soll man es nennen?) wird, doch sehr an dem wie es den Menschen und Hobbits ergeht, sehr beteiligt. Danach hat er einen gewissen Abstand, scheint, wie du es schreibst "entrückter" zu sein. Nicht das ihn das Schicksal der Menschen nicht mehr kümmert, aber er kommt mir nicht mehr so unmittelbar (persönlich?) dran gebunden vor. - Keine Ahnung wie ich es beschreiben soll.
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Beitragvon Eol » Fr, 27 Feb 2004, 14:53

Ja, genau, vor seiner Rückkehr wirkt Gandalf eher wie "einer von uns". Was denkt man sich, wenn man nur den "Hobbit" und den HdR liest und demzufolge von Valar und Maiar nichts weiß? Gut, denkt man, der Gandalf ist so ein Zauberer, alt und weise und mit allerhand Fähigkeiten, aber auch gemütlich und ziemlich fehlbar. Der Balrog in Moria wirkt dort als ein viel MÄCHTIGERES Wesen als Gandalf ("Der Gegenzauber hat mich fast zerbrochen" usw.) Zuvor weiß Gandalf den Ring, den Bilbo findet, lange Zeit nicht einzuschätzen. Man hat wirklich nicht das Gefühl, dass er in geheimer Mission unterwegs ist.
Das alles ändert sich nach seiner Rückkehr. Die Rückkehr war wohl auch so ein "Ritterschlag" durch die Valar, die ihn damit ganz klar und gezielt zum Hauptgegner von Sauron aufbauen: "Regele du es! Wir haben euch nicht vergessen." Mit so einer Rückendeckung tritt man doch ganz anders auf. Danach ist Gandalf eindeutig nicht mehr "einer von uns". Er weiß auch viel mehr, wie Mellon geschrieben hat.
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Beitragvon Mellon » Fr, 27 Feb 2004, 22:19

Eol hat geschrieben: Gandalf kriegt dann eine ordentliche Auffrischung. :D


Ich glaube, in einem der Briefe Tolkien gelesen zu haben, daß der "Machtzuwachs" für Gandalf sozusagen der Lohn der Valar dafür war, daß er sich geopfert hatte.
Was er auf der Brücke von Khazad-dum tat, war ja eigentlich völlig töricht. Die Eionzigen, auf die es wirklich ankam unter allen neun Gefährten, waren ja Gandalf und der Ringträger. Das Vernünftigste wäre es also gewesen, wenn der Zauberer sich den Hobbit unter den Arm geklemmt hätte und versucht hätte, mit ihm zu entweichen.
Aber er opferte sich ohne die Gewißheit zu haben, daß er wieder zurückkehrt. Sein Stab zerbrach, als er vor sich auf die Brücke schlug. Brechende Stäbe haben im HdR eine tiefe Bedeutung: ein Auftrag und die Vollmacht, die dazu gegeben wurde, hörten auf. ...
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Beitragvon Rychveldir » Fr, 27 Feb 2004, 22:58

Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass nur Gandalf und Frodo in der Gemeinschaft wichtig sind. Denn grade das ist ja das tolle an Tolkien: Jeder trägt seinen Teil zur Geschichte bei. Hätte nur eine Person anders gehandelt, wäre wohl alles anders verlaufen. Insofern spielen also auch Sam, Boromir, natürlich Aragorn, eigentlich alle, eine Rolle.
Zuletzt geändert von Rychveldir am Di, 02 Mär 2004, 13:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Mellon » Sa, 28 Feb 2004, 11:34

Da habe ich mich vielleicht ungeschickt ausgedrückt. Denn so habe ich es nicht gemeint, daß nur Frodo und Gandalf wichtig gewesen wären. Was wäre denn Frodo ohne seinen Sam? Wären sie je bis Bruchtal gekommen ohne Tom Bombadil? Ohne Aragorn? Was, wenn Merry und Pippin Baumbart und die Ents nicht aufgerüttelt hätten? Und so könnte man weitermachen: in der Tat: niemand ist unverzichtbar. Nicht einmal Gollum.


Ich habe den Text von Tolkien gefunden, auf den ich mich oben bezogen habe. Das Beste wird sein, ich schreibe ihn einfach mal auf:

Denn in seinem Zustand war es für ihn (nämlich für Gandalf) ein Opfer, bei der Verteidigung seiner Gefährten auf der Brücke umzukommen, ein kleineres vielleicht als für einen sterblichen Menschen oder Hobbit, denn er hatte viel mehr innere Stärke als sie; aber auch ein größeres, weil es eine Erniedrigung und Selbstverleugnung für ihn war, in Unterwerfung unter „die Regeln“: denn nach allem, was er im Augenblick wissen konnte, war er der einzige, der den Widerstand gegen Sauron zum Erfolg führen konnte, und seine ganze Mission war nun vergebens. Er gab sieh in die Hand der Autorität, die die Regeln erlassen hatte, und verzichtete auf die persönliche Hoffnung auf den Erfolg.
Das, würde ich sagen, ist gerade, was die Autorität gewollt hat, als Kontrast zu Saruman. Die „Zauberer“ als solche waren gescheitert; oder, wenn man will: die Krise war zu ernst geworden und erforderte eine Erhöhung der Macht. Darum opferte sieh Gandalf wurde angenommen und erhöht und kehrte wieder. „Ja, das war der Name. Ich war Gandalf.“ Gewiß bleibt er sieh in der Persönlichkeit und seinen Eigenarten ähnlich, aber sowohl sein Wissen wie seine Macht sind nun viel größer. Wenn er spricht, gebietet er Achtung; der alte Gandalf hätte so nicht mit Théoden umgehen können, auch nicht mit Saruman. Er ist immer noch verpflich¬tet, seine Macht zu verbergen und eher zu belehren, als zu zwingen oder den Willen zu beherrschen, aber wo die physischen Kräfte des Feindes zu stark sind, als daß der gute Wille der Gegenspieler etwas nützen könnte, da kann er im Notfall als ein „Engel“ eingreifen — nicht gewaltsamer als die Befreiung St. Peters aus dem Gefängnis (Bibel, Apostelgeschichte 12). Er tut das selten und wirkt meist durch andere, aber in ein oder zwei Fällen im Krieg (in Bd. III) zeigt er plötzlich seine Macht: zweimal rettet er Faramir. Er allein kann dem Fürsten der Nazgul noch den Einlaß nach Minas Tirith verwehren, als die Stadt niedergeworfen ist und ihre Tore zerstört — und doch ist die ganze Bewegung menschlichen Widerstandes, den er selbst angefacht und organisiert hat, so stark, daß es zum Kampf zwischen den beiden gar nicht kommt: dies geht in andere, sterbliche Hände über. Am Ende, bevor er für immer scheidet, faßt er sich zusammen: „Ich war Saurons Feind.“

(Brief 156)
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Beitragvon Mellon » Sa, 28 Feb 2004, 11:43

Weiter unten im Breif schriebt Tolkien übrigens auch, daß Gandalf nicht von den Valar zurückgeschickt wurde, sondern von Eru (so deute ich jedenfalls Tolkiens Aussagen):

Seine Entsendung war zuerst eine bloße Vorsichtsmaßnahme der engelhaften Valar oder der Regierenden; aber die Autorität hatte diese Maßnahme aufgegriffen und sie erweitert, im Augenblick ihres Scheiterns. "Nackt wurde ich zurückgeschickt — für kurze Zeit, bis meine Aufgabe erfüllt ist." Zurückgeschickt von wem und von wo? Nicht von den "Göttern", die sich nur mit dieser verkörperten Welt und ihrer Zeit befassen; denn er verschwand "aus dem Denken und aus der Zeit". Nackt ist leider unklar. Es war ganz wörtlich gemeint, "unbekleidet wie ein Kind" (nicht körperlos) und darum bereit, die weißen Gewänder des Höchsten zu empfangen. Galadriels Macht ist nicht göttlich, und Gandalfs Heilung in Lörien bedeutet nicht mehr als physische Heilung und Erfrischung.

So weit der Professor himself. M. E. meint er mit "Göttern" die Valar und mit "Autorität" Eru, der Eine, der in Arda Ilúvatar heißt.
Ist aber mit "der Höchste", dessen Gewänder Ganalf empfing, Eru oder Manwe gemeint?
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Beitragvon Eol » So, 29 Feb 2004, 14:41

Mann, Mellon, du kennst dich ja ziemlich gut aus! :D
Vielen Dank für die Briefstellen, die in der Tat sehr klar machen, was es mit Gandalfs Wandlung auf sich hat. Ich hätte nicht gedacht, dass seine Rückkehr sogar Iluvatars Werk ist.

Dies verschärft allerdings ein Problem, das ich grundsätzlich mit Tolkiens Szenario habe: Zunächst, wenn man nur den HdR kennt, sieht es so aus, als sei das Böse übermächtig, und als würden es die Gefährten nur mit viel Herz und noch mehr Glück schaffen, ihren Auftrag zu erfüllen. Je mehr Hintergrund man hat (Briefe des Meisters etwa!), umso mehr sieht es so aus, als sei es in Wirklichkeit Sauron, der auf verlorenem Posten steht. Wenn sogar Eru persönlich eingreift und einen an Wissen und Macht deutlich erhöhten Gandalf zurückschickt, weil "die Krise zu ernst geworden war und eine Erhöhung der Macht erforderte", dann fragt man sich, unter welchen Bedingungen Sauron eigentlich hätte gewinnen können. Es sieht nach einem Katz- und Mausspiel der "Autorität" aus: Sie tut gerade, was nötig ist, um Saurons Macht in die Schranken zu weisen. Wäre dazu noch mehr nötig gewesen, dann hätte Eru eben Gandalf oder anderen noch mehr Wissen und Macht verliehen.

Dies hinterlässt in mir kein gutes Gefühl, es ist eine Art Betrug oder Theaterstück des Höchsten mit feststehendem Ausgang.
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Beitragvon knechtodawas » So, 29 Feb 2004, 15:37

Man muss aber bedenken, dass sich die Valar (und mit ihnen evtl. auch Eru ) nach dem zweiten Zeitalter von den Menschen distanziert haben. Sie greifen zwar ein und helfen, würden aber womöglich nicht alles tun, um das Überleben der Menschheit zu sichern.
Er war der geborene Maler. Keiner von den ganz großen natürlich; und doch hat ein Blatt von Tüftler seinen eigenen Reiz.
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Beitragvon A_Brandybuck » Mo, 01 Mär 2004, 20:38

Die Diskussion geht wie ich sehe in die Richtung Saruman/Gandalf. Aber um die Hauptfrage des Threads zu beantworten sollte man sich auch mit den anderen Mitgliedern der Istari befassen.
Keiner weiß nämlich, ob die blauen Zauberer ihrer Aufgabe untreu geworden sind. Wir wissen nur, dass sie mit unbekannten Auftrag in den Osten von Mittelerde gesandt worden sind. Sehr wahrscheinlich sollten sie die Menschen dort von der Knechtschaft Saurons unterstützen. Wie man an der Geschichte Gondors sieht, waren die Völker im Osten lange Zeit sehr ruhig, was man natürlich auch den beiden Zauberern zu verdanken haben könnte. Die Frage ist jetzt nur: Sind sie ihrer Aufgabe untreu geworden wie entweder Radagast oder Saruman oder haben sie ganz einfach versagt.
Der Fall Radagast wäre ja, sie hätten aufgehört sich um die Geschicke der Menschen dort zu kümmern, d.h sie könnten zur Zeit des Ringkrieges noch immer dort gewesen sein.
Der Fall Saruman1: Die beiden hätten die Seite gewechselt und hätten Sauron gedient. Sehr unwahrscheinlich, da sie dann wahrscheinlich im Ringkrieg als Waffe eingesetzt wären worden.
Der Fall Saruman2: Sie hätten versucht selber an Macht zu kommen und gegen Sauron agiert, bloß nicht zum Wohle der Menschenvölker dort.. Dann wären sie wahrscheinlich im Kampf gegen Sauron unterlegen und umgekommen, da die Völker Sauron gedient haben. (aus meinem Denken heraus sehr unwahrscheinlich)
Der Fall Versagen: einfache Sache, erst haben sie ihren Auftrag gut erledigt, Gondor hatte Ruhe, dann verloren sie wohl im Kampf gegen Sauron ihr Leben. Was gut möglich wäre, denn im Osten agierten die Ringgeister.

Fazit: Wir wissen nichts über ihren Erfolg.

Das heißt, wir können erstmal gar nicht für den gesamten Orden sprechen, weil es sehr gut möglich wäre, dass sie untreu geworden sind oder auch nicht.
Das heißt man könnte jetzt die Fragestellung ändern und fragen was denn ei Gandalf anders lief als bei Saruman und Radagast.
Die Istari wurden ja nach Mittelerde geschickt, um die Völker dort im Kampf gegen Sauron zu unterstützen, eher durch Worte als durch Kampf, deshalb also wurden sie körperlich und somit auch dem Leiden und den Schwächen ihres Körpes unterworfen. Da nun ihr Geist aber der Geist eines Maiar war, muss diese Erfahrung für sie relativ schwer gewesen sein. Sie kannten die faszinierende Welt von Mittelerde gar nicht und sind nun einfach da (Umstellung) und dann auch noch körperlich. Die Erinnerung an die Valinor verblasste dann langsam und der Charakter bestimmte dann ihr Handeln.
Radagast, einst ein Mais von Yavanna, verfiel somit den Reizen der Tierwelt.
Saruman aus dem Gefolge Aules, war schon immer technikbegeistert (allerdings auch arrogant) und blieb es auch in Mittelerde. Dort beschäftigte er sich mit der Ringkunst. Diese Kunst war sehr mit Machtstreben verbunden, wen wundert es da, dass er irgendwann selbst versucht an Macht zu kommen.
Diese beiden sind auf jeden Fall ihrem Auftrag abtrünning geworden, doch wenn es näher betrachtet, haben sie nur nach ihrem ursprünglichen Charakter gehandelt.
Gandalf allerdings war der weise Olórin, welcher die Eldar über alles liebte. In seiner körperlichen Gestalt handelte er also auch nach seinem Charakter. E half den Völkern gemäß seiner Weisheit und wurde somit nicht untreu.
Ich hoffe, ich habe meine Sicht verständlich erleutert. Spart nicht an Kritik.
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Beitragvon Mellon » Di, 02 Mär 2004, 7:23

Eine plausible Erklärung, wie mir scheint.

Tolkien äußert sich im übrigen nicht exakt zu den anderen Istari.
In den "Nachrichten" heißt es im Aufsatz über die Istari:

"Ob sie im Osten blieben und dort die Ziele verfolgten, um derentwillen sie ausgesandt worden waren, oder zugrundegingen, oder ob sie, wie viele glaubten, von Sauron versklavt und seine Diener wurden, ist nicht bekannt."

"In Wirklichkeit blieb von allen Istari nur ein einziger ein Getreuer, und er war der zuletzt gekommene. Denn Radagast, der vierte, wurde von den vielen Tieren und Vögeln, die in Mittelerde lebten, bezaubert, und er verließ Elben und Menschen und verbrachte seine Tage unter wilden Lebewesen."

In einem Brief (Nr. 211) schreibt er ähnlich vage:

"Ich glaube, sie gingen als Sendboten in ferne Gegenden, in den Osten und Süden, weit außerhalb des númenórischen Bereiches: Als Missionare in die vom Feind besetzten Länder, sozusagen. Wieviel Erfolg sie hatten, weiß ich nicht; aber ich fürchte, sie sind gescheitert wie Saruman, wenn auch sicherlich jeder auf eine andere Weise; und ich vermute, sie wurden zu Urhebern oder Begründern geheimer Kulte und "magischer" Traditionen, die den Sturz Saurons überdauerten."
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Beitragvon Eol » Di, 02 Mär 2004, 17:05

Ja, Mellon hat wieder alle einschlägigen Zitate bereit.
An das letzte konnte ich mich erinnern (es muss noch irgendwo anders als den Briefen abgedruckt sein), und daher mein Eindruck, dass außer Gandalf alle Istari gescheitert sind.
Interessant ist die Beobachtung von Brandybuck, dass die Istari, über die wir mehr wissen, im Grunde nur ihrem Charakter folgten. Das zeigt mal wieder: Gute Vorsätze und Ermahnungen der Chefs beim Abschied helfen nichts. Wenn die Chefs nicht persönlich präsent sind oder von Zeit zu Zeit mal nach dem Rechten sehen, dann folgt jeder seiner Natur.
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Beitragvon Mellon » Do, 04 Mär 2004, 21:53

In der Tat hat er hier etwas Wichtiges aufgedeckt.

Interessant wäre nun vielleicht, zu klären, ob die Istari (oder Elben, Menschen, Hobbits Zwerge" sozusagen "verdammt" dazu sind, ihrem Charakter zu folgten.

Mit andern Worten, hatten Saruman, Radagst und die beiden Blauen Zauberer eine reelle Chance, ihrem Auftrag(geber) treu zu bleiben?
Mußte etwa auch Sauron so enden, wie er geendet ist?
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Beitragvon Eol » Do, 04 Mär 2004, 22:29

Hier liegt, glaube ich, ein Problem in Tolkiens Weltbild.
Einerseits glaubt er als guter Katholik an die Willensfreiheit. Er betont an vielen Stellen (die ich im Gegensatz zu dir, Mellon, leider nicht parat habe), dass seine Charaktere immer die Freiheit der Entscheidung haben.

Andererseits konzipiert er, ebenfalls als guter Katholik, Eru als allwissenden und allmächtigen Schöpfer. Das Böse (Melkor, Sauron usw.) muss Teil von Erus Plan sein, da es nichts gibt, das nicht Teil des Planes ist. "Und du, Melkor, sollst sehen, kein Thema kann gespielt werden, das nicht in mir seinen tiefsten Grund hätte, noch kann das Lied einer ändern, mir zum Trotz. Denn wer dies unternimmt, nur als mein Werkzeug wird er sich erweisen, um Herrlicheres zu schaffen, von dem er selbst nichts geahnt." (Silmarillion, Die Musik der Ainur)
Das heißt, schon Melkors Abfall hat in Eru "seinen tiefsten Grund". Das Böse gehört zum Plan, und deshalb muss irgend jemand auch die Rolle des Bösen spielen. Das legt nahe, dass Melkor und Sauron nicht anders hätten handeln können. Und wenn sie dies nicht konnten, waren sie für ihr Tun letzten Endes nicht verantwortlich.

Kurz: Wenn es einen allmächtigen und allwissenden Schöpfergott gibt - und Eru ist so einer -, dann fällt die Verantwortung für alles, was geschieht, letztlich auf ihn zurück. Seine Kreaturen sind weder frei noch verantwortlich, und er kann sie vernünftigerweise für ihre Taten weder belohnen noch bestrafen. Das ist ein zentrales Problem des christlichen Weltbildes, das sich bei Tolkien wiederfindet.
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Beitragvon A_Brandybuck » Fr, 05 Mär 2004, 14:46

"Zuletzt schien es, als ob zwei Melodien sich zur selben Zeit vor dem Sitz Iluvatars entwickelten, die völlig in Uneinigkeit waren. Die eine tief und weit und schön, ruhig und vermischt mit einer unermeßlichen Würde, aus der die Melodie hauptsächlich ihre Schönheit erhielt. Die andere hatte jetzt eine Selbstständigkeit für sich erreicht; aber sie war laut und eitel und wiederholte sich endlos und hatte wenig Harmonie, dafür war sie in Eintönigkeit lärmend wie viele Trompeten, die auf wenigen Noten herumschreien. Und sie versuchte mit der Gewalt ihrer Stimme die andere Musik zu ertränken, aber ihre triumphierendsten Noten wurden genommen und in deren feierliches Schema eingeflochten."

"Und du, Melkor, sollst sehen, und mit dir alle Ainur, daß kein Thema gespielt werden kann, ohne seinen äußersten Ursprung in mir zu haben, noch kann irgendwer die Musik mir zum Trotz verändern; denn wer dies versucht, wird sich viel wesentlicher innerhalb der Schöpfung als mein Werkzeug erweisen, als er sich selbst vorstellen kann."

"Betrachtet eure Musik! Dies ist euer Dichtung; und jeder wird inmitten dieses Bildes, das ich vor euch hinsetze, jene Dinge enthalten sehen, von denen er meint, er habe sie erfunden und hinzugefügt. Und du, Melkor, wirst all die geheimen Gedanken deines Geistes entdecken, und wirst erkennen, daß sie nur Teil des Ganzen sind und ein Beitrag zu seiner Schönheit."

- Silmarillion, Die Musik der Ainur

Diese Textstellen verraten viel über das Wirken Iluvatars. Er schuf Ea als "äußersten Ursprung" eines Themas und gab damit auch das Zusammenspiel zwischen Gut und Böse, dass beides zu Ea gehört, vor. Das Wirken Melkors und seine Versuche eigene Sachen zu entwickeln wird in das Thema Iluvatars eingeflochten und verfeinert es. Der Ausbruch aus dem Thema wird somit zum Gegenteil. Der Weg der Bösen Charktere ist somit und da stimme ich mit Eol überein, vorgezeichnet, allerdings nur in groben Zügen. Iluvatar konzipierte Ea und seine Bewohner derart, dass das Wirken des Bösen Seite durch die Gute Seite abgefangen und in das Werk eingeflochten wird. Das Thema selbst ist die Einflechtung des Bösen in das Gute. Also MUSS es zwangsläufig jemanden Böses geben. Dass die Personen nun vorgegeben wurden, das wage ich zu bezweifeln, denn Iluvatar gab ja nur den "äußersten Ursprung", dementsprechend war Melkor vorgegeben, aber nur Melkor. Der weitere Verlauf war somit gekennzeichnet, DASS es jemanden geben wird, aber nich wen.
Wenn man sich das letzte Thema der Musik anschaut, sieht man, dass das Böse auf dem Höhepunkt seiner Macht ("triumphierendsten Noten") in das Schema eingebunden wird. Man braucht sich jetzt nur Melkor und Saurons Ende anzuschauen.
Meine Theorie ist nun, dass es wiederum nach dem Fall von Sauron jemanden geben wird, welcher versucht etwas eigenes auf die Beine zu stellen, denn das Böse ist Teil des Themas und muss existieren, damit es das Schema vervollständigt.
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Beitragvon Nimrodel » Fr, 05 Mär 2004, 19:56

*uff* ganz schon anspruchsvoller thread ! :wink:
ich würde es aber auch so ausdrücken, dass Eru dass Böse zwar erdacht, aber nicht genauer spezifiziert hat und es letztendlich dann doch jedem selbst überlässt für welche seite er sich entscheidet. somit hat er dadurch, dass er das Böse erschaffen hat eigentlich die Willensfreiheit erschaffen, denn wenn man nicht selber wählen kann wofür man sich entscheidet ist das "paradies" ja praktisch nicht echt, weil es ja gar keine andere Möglichkeit gibt.

ogott...ich red mich schon wieder um Kopf und Kragen :oops:
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Beitragvon Eol » So, 07 Mär 2004, 16:05

Okay, ich stimme Brandybuck und Nimrodel zu, dass es für Iluvatars Pläne ausreicht, dass IRGEND JEMAND böse ist, aber es kommt nicht darauf an, WER. Dadurch könnte man das Problem lösen: Iluvatar hat seinen intelligenten Geschöpfen eine echte Willensfreiheit gegeben. Niemand ist zum Bösen determiniert, jeder entscheidet sich alleinverantwortlich dafür oder dagegen. Und diese Entscheidung ist auch nicht indirekt Iluvatars Werk, sondern ganz allein das der jeweiligen Person. D.h. Iluvatar hat einen Teil seiner Macht abgegeben, denn es steht nicht in seiner Macht, wofür sich jemand entscheidet, er kann da auch nur zuschauen.
Andererseits, eben weil alle intelligenten Geschöpfe diese Willensfreiheit haben, entscheiden sich auch einige von ihnen für das Böse. Es ist im voraus nicht festgelegt, wer das sein wird, aber irgendwer wird's schon machen und damit Iluvatars Plan dienen, zu dem eben auch das Böse gehört.

So weit habe ich kapiert, wie der Faktor "Willensfreiheit" und der Faktor "das Böse gehört zum Plan, ist von Iluvatar gewollt" doch zusammenpassen können. Es scheint mir dann allerdings die Möglichkeit zu bestehen, dass Iluvatar gewissermaßen "Pech hat". Es könnten sich im Prinzip ja alle für das Gute entscheiden, wenn sie wirklich die Willensfreiheit haben, und dann wird's nichts mit Iluvatars Plan. Ebenso könnten sich im Prinzip auch alle für das Böse entscheiden, und das wäre auch nicht im Sinne der "großen Musik". Vielleicht meint Brandybuck deshalb, dass Melkor "vorgegeben" war, also NICHT die Freiheit hatte, gut zu sein. Wenn die Ainur alle determiniert sind, dann gibt es gewissermaßen eine "Anfangsverteilung" von Gut und Böse, die garantiert, dass der Plan umgesetzt wird. Der mächtigste Ainur übernimmt den Part des Bösen, aber die anderen sind zusammen stärker. Das würde allerdings bedeuten, dass gerade die Valar selbst NICHT willensfrei sind.
Eol
 

Beitragvon Aldebaran » So, 07 Mär 2004, 17:18

Das Böse ist aber doch Teil von Iluvatars großem Plan. (So wie es für alle Religionen und Weltanschauungen gilt.)
Es ist dieses dualistische Prinzip, welches hier gilt. Gut und Böse. Licht und Dunkel.

Sicher haben/hatten alle Valar die Willensfreiheit sich für das eine oder andere zu entscheiden. Melkor hat sich für das Böse entschieden.
Das heißt nicht, daß Iluvatar es von Anfang an so geplant hat, das genau Melkor den Part des Bösen übernimmt. Es war nur vorgegeben (von Iluvatar), daß irgend jemand diesen Teil des großen Planes übernehmen muß. Denn die Welt von Tolkien ist dualistisch, ebenso wie unsere.
Melkor hat sich selbst dazu entschieden, böse zu sein.
Er und alle Valar sind willenfrei. Nur sind sie nach ihrer Entscheidung eben an diese Entscheidung mit all ihrem Konsequenzen gebunden. Sie müssen "damit Leben".
Sie sind sogleich willensfrei, als auch gebunden.

Wie heißt es bei Hamlet?
"Sein oder nicht sein,
das ist hier die Frage..."
Entweder man entscheidet sich für das eine oder das andere. Auf jeden Fall muß man mit den Konsequenzen leben. Aber man hat die Wahl.

Ob die Maiar diese Willensfreiheit hatten? Keine Ahnung.
Saruman hat sich anscheinend dank dieser Willensfreiheit für das Böse entschieden.
Gandalf hingegen, hat diese "Auffrischung" bekommen. Und danach hatte er keine Wahl, es anders zu machen.
Bei Saruman wird also nicht eingegriffen, bei Gandalf schon. Etwas seltsam das Verhalten der Valar in diesem Fall.
Ebenso, wenn Iluvatar es war, der Gandalf zurück schickte.

Und wie ist das mit den Elben, den Menschen, Hobbits und Zwergen. Hatte je einer von ihnen die Wahl, etwas selbst, willensfrei zu entscheiden. Oder ist alles determiniert für sie alle? Können sie nicht anders?
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Beitragvon Nimrodel » So, 07 Mär 2004, 17:51

hm...tja ich fürchte diese Frage kann man nict beantworten...entweder es gibt tatsächlich Willensfreiheit oder alles ist schon seit jeher vorbestimmt ... :roll: *seufz*
Mir persönlich hätte es ja besser gefallen, wenn Eru dass Böse nur zu dem Zweck erschaffen hat,dass die Leute sich entscheiden können, aber dass er insgeheim hofft, dass sie sich für das Gute entscheiden. Praktisch diese Wahl als eine Art Prüfung.
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Beitragvon Aldebaran » So, 07 Mär 2004, 18:21

Ich fürchte auch, daß man damit in eine allgemein philosophische Diskussion hinein gerät, als in eine Debatte um Tolkiens Werk. ;)
"...und jene, zu denen diese Musik dringt, die hören sie immerdar in ihrem Herzen, und nie mehr verläßt sie die Sehnsucht nach der See."
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Beitragvon Mellon » So, 07 Mär 2004, 18:42

Ist "die Einflechtung des Bösen in das Gute" wirklich "das Thema selbst"? Das Böse ist ja nicht von Anfang an ein Teil des Themas, sondern wird sozusagen nachträglich in das Thema eingebunden.

Ich glaube nicht, daß das Böse von Ilúvatar stammt und Melkor quasi dazu vorherbestimmt war, der Böse zu sein. Das Böse kommt gerade deswegen, weil es Willensfreiheit gibt. Melkors entscheidet sich aus freiem Willen gegen den Ilúvatars.
Ich meine eher, daß "das Böse" eben darin besteht, daß Melkor aus freiem Willen in den Sinn kam, Töne einzuflechten, die er selbst erdacht hatte und die nicht von (vornherein) zu Ilúvatars Thema stimmten. Es waren ausdrücklich Melkors eigene Gedanken, die er in das Lied einzuflechten versuchte.
Der Plan Ilúvatars (wenn Er einen hatte, was ich allerdings in der Ainulindale nicht so richtig finden kann) bestand gewiß nicht darin, daß das Böse beabsichtigt war, sondern höchstens vorhergesehen.

Das Böse hat als Urheber nicht Ilúvatar, sondern ensteht geradezu aus dem Widerspruch gegen Ilúvatar und Sein Thema.
Die Größe Ilúvatars besteht nun darin, daß er sogar Melodien, die im Widerspruch zu Ihm ersonnen und ausgeführt werden, letztendlich in Sein "Thema" einbinden kann, so daß das Thema Ilúvatars trotz Melkors nicht geändert werden kann.

Auch wenn also Ilúvatar nicht der Urheber der "falschen Melodie", sondern Melkor, muß sogar der Widerspruch gegen Ilúvatars Thema dem Thema dienen und ist infolge der Größe und Macht Ilúvatars letztendlich ein Teil des Themas. Melkor muß Ilúvatar und Seinem Thema dienen. Ob er will oder nicht!
Daß Melkors Widerstand sozusagen "nach hinten losgeht", zeigt Tolkien vielleicht in dem kurzen Dialog Ilúvatars mit Ulmo:

Und Ilúvatar sprach zu Ulmo und sagte: "Siehst du nicht, wie hier in diesem kleinen Reich in den Tiefen der Zeit Melkor deine Provinz bekriegt? Bittre, unermeßliche Kälte hat er ersonnen und doch nicht die Schönheit deiner Quellen und klaren Teiche vernichtet. Sieh nur den Schnee und den grimmigen Frost! Hitze und Feuer ohne Maß hat Melkor entfacht, und doch ist deine Freude nicht vertrocknet und die Musik des Meeres nicht ganz erstickt. Sieh auch die hohen prächtigen Wolken und die wechselvollen Nebel, und höre, wie der Regen auf die Erde fällt! Und in diesen Wolken bist du Manwe nahe, deinem Freunde,den du liebest." Da antwortete Ulmo: "Wahr ist's, schöner sind nun die Wasser, als mein Herz es gedacht, und in meinem heimlichsten Sinnen habe ich nichts von der Schneeflocke gewußt, noch war in meinem Gesang je das Fallen des Regens erklungen. Ich will Manwe suchen gehen, auf daß er mit mir Melodien zu deiner ewigen Freude mache!"
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